LSK-Theater Mainburg bringt Normalität zurück – 20-köpfiges Ensemble begeistert Publikum
Wer kennt ihn nicht, den Traum zum Mond zu fliegen. Das LSK-Theaterstück zeigte Ende September, Anfang Oktober 2021 eine Mondreise und die Zuschauer konnten „live“ dabei sein. „Peterchens und Annelieses Mondfahrt“ von Gerdt Bassewitz in einer Bearbeitung von Marc Gruppe beendete die lange Corona-Pause der Mainburger Theatertruppe.
Die Inszenierung
Die beiden Geschwister Peterchen und Anneliese werden nachts in ihrem Kinderzimmer unsanft geweckt und begeben sich sogleich auf die Suche nach dem Schlafstörer. Es ist der Maikäfer Herr Sumsemann – bei Vollmond deutlich größer als gewöhnlich -, der lautstark sein Schicksal beklagt: Da seinem „Ur-ur-ur-ur-ur-und-so-weiter-Großvater“ von einem Holzdieb ein Bein abgehackt wurde, haben seitdem alle nachfolgenden Sumsemänner nur noch fünf Beine. Das fehlende sechste Bein wurde samt Holzdieb von der Nachtfee auf den Mond verbannt. Wiederbekommen kann der Maikäfer sein Bein nur mit Hilfe von Kindern, die noch nie ein Tier gequält haben. Da ist er bei Peterchen und Anneliese genau an der richtigen Adresse, die beide „fast immer brav“ sind. Schnell kann der Sumsemann die Kinder überzeugen, ihm zu helfen, und die Abenteuerreise zum Mond beginnt. Das Trio wurde vorzüglich besetzt. Jonas Hochgesang als ängstlicher und gelegentlich ohnmächtiger Maikäfer überzeugt durch starke Bühnenpräsenz, die Kinder, dargestellt von Jakob Rank (Peterchen) und Maxime Müller (Anneliese), vermitteln in jedem Moment die Unbekümmertheit und den Mut der beiden Figuren. Mit Bravour meistern sie spektakulär inmitten all der Fantasiegeschöpfe die Darstellung der scheinbar unspektakulären Normalo- Rollen.
Zunächst treffen Peterchen und Anneliese auf den Sandmann und seine Sternenkinder. Maxi Artinger verkörpert das Idol vieler Kinder sehr präzise und humorvoll und hat die lebendige Sternenschar, dargestellt von Paulina Atzrodt, Scott Peckl, Milo Mikic, Katharina Heine, Emma Schüler und Felix Lambertsen, stets im Griff. In dieser Szene zeigt sich bereits auch die Arbeit der Regie von Heidi Mirlach, die den fast ausnahmslos Bühnenneulingen Szenenapplaus und Lacher durch überraschende und witzige Einfälle beschert. Auch den Sandmann rührt das Schicksal des Sumsemanns, so dass er das Unternehmen Beinrettung unterstützt. Auf dem Schlitten, gezogen von den beiden Nachtfaltern (Lea Schönauer und David Rank, am Premierenwochenende in Krankheitsvertretung für Magdalena Stuber), gelangt die nun zum Quartett angewachsene Gruppe zum Fest der Nachtfee. Nadine Zitterbart besticht in dieser Rolle durch dezentes Spiel gepaart mit hoher Bühnenpräsenz. Wirkungsvoll werden die Auftritte der ebenfalls zum Fest geladenen Naturgeister inszeniert. Lautstark mit einem ordentlichen Knall erscheint der Donnermann, den Jonas Laible gekonnt rustikal zum Leben erweckt. Die wuselige Windliese wirbelt beeindruckend komisch über die Bühne, Franziska Ecker, zugleich verantwortlich für die Co- Regie, zeigt, dass Theater durchaus auch körperlich anstrengend sein kann. Johannes Hintermeier als Regen-Fritz versprüht nicht nur in dieser Szene lausbubenhaften Charme. Die gereimten Verse präsentiert er in überzeugender Leichtigkeit, ebenso verleiht Ivy Strachotta bei ihrem Debüt als Blitz-Hexe der Naturgewalt durch entsprechende Mimik und Gestik gekonnt Ausdruck. Zum Publikumsliebling avanciert schließlich Moritz Hiesbauer in seiner Rolle als Eis-Max, den er knorrig mit friesischem Zungenschlag irgendwo zwischen Käptn Blaubär und Hans Albers ansiedelt. Neele Schulze agiert bei ihrem Auftritt als Sonne als Bühnenneuling äußerst souverän, die Darstellung ihrer Figur ist in allen Bereichen sehr gelungen.
Nach zunächst argwöhnischer erster Begegnung entscheiden sich auch die Naturgeister, die Mission Sumsemann zu unterstützen, und sagen für den Ernstfall sogar tatkräftige Unterstützung zu. Die farbenfrohe Inszenierung bietet immer wieder Überraschungen, ein Highlight ist aber sicher die Reise zum Mondberg mit Hilfe der Mondkanone (gebaut von Stefan Haage). Auf dem Mondberg treffen zum Showdown fast alle Figuren auf den Bösewicht Mondmann. Walter Hagers Spiel des Fieslings überzeugt in seiner Gänze und man merkt ihm die Spielfreude deutlich an, eine gewisse – auch äußerliche – Ähnlichkeit zu Batmans Joker lässt sich nicht leugnen. Ob die Mission „Beinrettung“ erfolgreich verläuft, davon sollte man sich am besten selbst überzeugen.
Gelungene Arbeit aller Mitwirkenden
Dass das neue LSK-Stück aber so gelungen ist, war auch ein Verdienst derer, die nicht auf der Bühne stehen. Das Bühnenbild von Heidi Mirlach war einfach, aber nicht abstrakt, so dass es einem Kindertheater gerecht wird und eine effektvolle Beleuchtung unterstützt. Das Lichtkonzept stammte von Sebastian Altmann und Jonas Niemetz, während Michael Hintermeier und Danny Breiner für die ausführende Technik verantwortlich zeichneten. Die Maske von Dunja Sommerer, Anne Rottengruber und Claudia Harrieder beeindruckte ebenfalls durch stilsichere Unterstützung der Figuren, besonders Sand-, Mond-und Sumsemann stechen hier hervor. Zuletzt rundeten die bunten, farbenfrohen Kostüme, die teilweise von Heidi Mirlach handgeschneidert wurden, das Gesamtbild einer positiven und kindgerechten Inszenierung ab.
Das gesamte Ensemble hatte mit diesem Stück einen wahren Kraftakt vollführt. Ursprünglich als Weihnachtstheater 2020 gestartet wurden durch die pandemischen Ereignisse immer wieder Umplanungen nötig. Die Geschlossenheit der Gruppe und der lange Atem war daher um so beeindruckender und ein Verdienst der Regisseurin Heidi Mirlach. Getragen vom Pioniergeist, nach schwierigen Monaten, den Menschen wieder Freude und Frohsinn zu bringen, rührte dieses Stück nicht nur durch die Botschaft vom Wert der Nächstenliebe, sondern auch durch die Lebensfreude, die auf der Bühne sichtbar wurde.
Text: Martin Rank
Fotos: LSK