Die Kolumne im FRANNS Magazin von Bench aka Benjamin Bauer – April 2025
Es ist erschreckend! Ich konnte in meiner Kindheit ohne Datenverbindung und digitalem Kundenkonto in einen Spielzeugladen gehen und mir Dinge kaufen, mit denen ich Spaß hatte, ohne Updates machen zu müssen.
Für jede Art von Faszination gab es die passenden Spielzeuge: Die Bastler unter uns stellten ihre Fähigkeiten mit LEGO oder Fisher Price unter Beweis und kamen so in den Genuss einer konstruktiven Denkweise. Andere wiederum wollten mit dem Erschaffen von unterschiedlichsten Playmobil- Welten ihre persönlichen Erlebnisse, Träume und Wünsche in einer Miniaturwelt widerspiegeln und gestalten, sehr zu Gunsten des Erwerbs sozialer und emotionaler Intelligenz. Wer eine Affinität zu fahrbaren Untersätzen besaß, landete in der Regel im größten Autohaus der Welt – Matchbox.
Matchbox gab uns erste Einblicke, wie sich Größe, Geschwindigkeit, Gravitation und die Beschaffenheit von Materialien im echten Leben anfühlt und auswirkt, ganz zu schweigen von dem prima Gedächtnistraining, wenn man sich die Marken und Modelle der einzelnen Fahrzeuge aneignen, und sie und später in Natura wiedererkennen und bestimmen konnte.
Irgendwann wurde man dann anspruchsvoller und wollte ein Upgrade für die primitiven Zinkguss-Flitzer. In der Regel führte der Weg zu einem der bedeutendsten Spielzeuge der Menschheitsgeschichte – der Carrera-Bahn!
Endlich war man in der Lage, das Zepter selbst in die Hand nehmen und seinen Kumpels zu zeigen, wer der bessere Pilot war. Man lernte, sich Herausforderungen zu stellen und entwickelte dadurch einen gesunden Wettbewerbsgeist.
Aber wie bei vielen Dingen verliert man auch hier im Laufe der Zeit die Lust daran und die Bahn findet sich früher oder später zwischen Unrat und verstaubten Kisten im Speicher wieder. Sollte man jedoch eines Tages wieder zufällig darüber stolpern, dann wird einem zweifelsohne bewusst, dass man nie wieder im Leben so viel echte Kontrolle über etwas haben wird, wie damals.
Hätte ich zu jener Zeit meinem jüngeren Ich mitgeteilt, dass Dinge wie dieser Knopf in der Zukunft einmal überflüssig werden, hätte mein jüngeres Ich vermutlich mit “Das macht keinen Spaß, das ist doof” geantwortet.
35 Jahre später freuen sich die Leute, dass dieser Handgriff von jemand anderem übernommen wird und sie sich nicht mehr mit solch banalen Dingen beschäftigen müssen.
Apropos Knopf drücken…ein Besuch im Deutschen Museum! Ein riesiger Komplex voller Armaturen und Apparate, die alle nur darauf gewartet haben, inspiziert und aktiviert zu werden. Pädagogisch wertvoller kann man einem Kind die Faszination der Wissenschaft nicht näherbringen.
Doch 2025 macht sich keiner mehr die Mühe, Dinge selbst auszuprobieren. Wenn wir etwas wissen wollen, besorgen wir uns die Informationen online in Echtzeit – und vegetieren vor einem Bildschirm ohne Aktionismus, Neugier und Motivation vor uns hin.
Wie ihr sicherlich festgestellt habt, hat sich die letzten Wochen auf unseren Kommunikationsplattformen ein charismatisch auftretender Parasit eingenistet, der (wie immer) verspricht, uns unser Leben zu erleichtern. Bisher war die Künstliche Intelligenz vom Endverbraucher nur im Hintergrund, oder beim bewussten Starten der Anwendung Chat GPT wahrzunehmen.
Doch von nun an ist sie offensichtlich in unser System integriert und präsentiert sich als Allrounder in nahezu allen Lebenslagen. Wachsam, schlau, hilfsbereit und…ganz versessen darauf, dem Menschen nicht nur das eigenständige Denken abzunehmen, sondern ihn auch noch um das persönliche Führen einer Kommunikation mit seinen (Mit-) Menschen zu erleichtern.
Während sich alle immer noch mit schlabbrigen Themen wie Verschwörungstheorien oder politischen Diskussionen gegenseitig denunzieren, lacht man sich in Hollywood den Arsch darüber ab, dass die Bevölkerung nach wie vor der Meinung ist, dass Science-Fiction auf reiner Fiktion beruht.
Euer Bench