Text: Initiative / Bildquelle: Initiative/Ministerium
Dass wir mit dem Ergebnis des Gesprächs am 25.02.2025 mit ihr wohl nicht zufrieden nach Hause gehen würden, das resümierte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nach dem mehr als eineinhalbstündigen Austausch, der eigentlich für eine Stunde angesetzt war, selbst. Ehrlicherweise hatten wir vor dem Termin, der nach unserer erneuten Anfrage zu einem Dialog im Rahmen unserer Kundgebung in Pfeffenhausen angeboten worden war, auch nicht erwartet, dass uns von Judith Gerlach und den anwesenden Fachleuten aus dem Gesundheitsministerium, dem Rettungswesen und der Krankenhausgesellschaft nach einem Jahr des Wartens nun plötzlich die ultimative Lösung für das Fortbestehen unseres Allgemeinkrankenhauses in Mainburg präsentiert wird. Obwohl das Gespräch in guter Atmosphäre, mit gegenseitiger Wertschätzung und Offenheit geführt wurde, wurde unsere Ernüchterung über die Funktion der Landesregierung hinsichtlich der Sicherstellung der ländlichen Krankenhausversorgung bestätigt.
Im Bild: Links auf dem Bild: Ministerialdirigent Herwig Heide, Staatsministerin Judith Gerlach (CSU), MdL Petra Högl (CSU), Dr. Michael Bayeff-Filloff, Roland Engehausen. Rechts die Vertreter der Initiative von vorne nach hinten: Karl Naguib, Stephanie Sirl, Annette Setzensack, Beatrix Sebald, Katja Resch.
Den ausführlichen Ausführungen zu unserem Anliegen, das durch die Unterschrift von über 45.000 Petitionsunterzeichnern aus dem Jahr 2024 unterstrichen wurde, folgten Ministerin Gerlach und die anwesenden Fachleute, nach Gerlachs Worten die „Crème de la Crème“ der bayerischen Krankenhausversorgung, durchaus mit Interesse. Warum unser Krankenhaus mit dem vorhandenen Leistungsspektrum so wichtig ist und die stationäre Versorgung vor Ort noch an Bedeutung gewinnen wird, warum das Mainburger Krankenhaus das 14. wichtigste Allgemeinkrankenhaus in Bayern ist, und warum die Klinik im Vergleich zu anderen Regionen durchaus eine Auf- statt Abstufung vertragen könnte, schilderte unsere Sprecherin Annette Setzensack anschaulich. Sie zeigte am Beispiel des akuten Herzinfarkts, wie sich durch die längeren Anfahrten das Risiko für die Patienten erhöhe. Notarzt Karl Naguib warnte eindringlich, dass hier die deutliche Verlängerung der Wegezeit Menschenleben gefährde.
In der anschließenden Diskussion kam es zu einem lebhaften Austausch, in der zunächst Roland Engehausen (Bayerische Krankenhausgesellschaft) seine Einschätzung bekräftigte, dass ein Haus wie Mainburg angesichts der künftigen hohen Anforderungen an die Personalverfügbarkeit vor Ort nicht wirtschaftlich zu betreiben sei. Die einzigen möglichen Wege für Mainburg sei eben der Umbau zu einer Sektorenübergreifenden Einrichtung oder eine Fokussierung als Fachkrankenhaus. Die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen stellte er aber auch zu letzterem in Frage, vor allem würde dies zu Lasten der benachbarten Kliniken gehen. Er sah ein deutlich begrenztes Patientenvolumen in der Region durch die umliegenden größeren Schwerpunktversorger.
Ähnlich äußerte sich auch Herwig Heide (Bayerische Staatsministerium, Leiter Abteilung Krankenhausversorgung). Die Problematik, die eine Herabstufung für unsere Region bedeutet, sei durchaus vom Bayerischen Gesundheitsministerium verstanden worden, aber die hohen Strukturvorgaben des beschlossenen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes seien seines Erachtens das Maß der Dinge und nicht mehr, wie oft genannt, die Wirtschaftlichkeit. Die Qualitätsvoraussetzungen für die interventionelle Kardiologie an den beiden Standorten Mainburg und Pfaffenhofen zu gewährleisten, sei völlig illusorisch.
Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach äußerte durchaus Verständnis für den grundsätzlichen Wunsch nach dem Erhalt der bestehenden Versorgung vor Ort. Sie gab aber zu bedenken, dass die vorhandenen Kapazitäten im Krankenhauswesen auch aus ihrer Sicht konzentriert und anders strukturiert werden müssen, schon allein deshalb, weil nicht genügend Personal zur Verfügung stehe. Weiter erklärte sie: „Wir haben sehr viele Krankenhausbetten, wir sind gerade in Bayern mit Krankenhäusern üppig aufgestellt.“ Zwar wolle man bezüglich der Krankenhausreform, die sehr starre Vorgaben bezüglich bestimmter Leistungsgruppen beinhaltet, Verbesserungen erreichen. Dies bedeute aber nicht, dass jedes Krankenhaus in Bayern auf Biegen und Brechen in der Struktur erhalten werden kann, wie es jetzt ist.
Annette Setzensack bezeichnete Mainburg als Härtefall und bat um nochmalige Prüfung aufgrund der besonderen geografischen Lage. Auch Stephanie Sirl hieb in diese Kerbe, Mainburg sei eben anders zu bewerten als z.B. Schrobenhausen, das quasi von anderen Krankenhäusern umzingelt sei. Insbesondere solle aufgrund der nach wie vor unklaren Lage in Bezug auf die Krankenhaus- und Notfallgesetzgebung inkl. Ausgestaltung und Finanzierung der Sektorenübergeifenden Versorgungseinrichtungen (SVE) nicht vorschnell das „Krankenhaus kaputt gemacht werden und zusammen mit den Landräten der Region Ausnahmeregelungen bzw. Lösungen geprüft werden“, forderte Setzensack.
Dr. Michael Bayeff-Filloff (Ärztlicher Landesbeauftragter Rettungsdienst) stimmte der Initiative zu, dass es sich bei uns um eine sehr große Region handelt und deshalb seiner Meinung nach eine integrierte Notfallversorgung im ambulanten Sektor mit einem Anlaufpunkt vor Ort aufgebaut werden muss. Es sei die Aufgabe der Verantwortlichen auch im Innenministerium für mehr Rettungsmittel zu sorgen und das werde auch angegangen.
Deutlich wurde im Verlauf des Gesprächs, dass die vom Ministerium bisher genannten Zahlen (schwerste „Tracer“-Notfälle, inkl. Herzinfarkt) eingeschränkt für den Rettungsdienstbereich Landshut ermittelt wurden und auch Notfallpatienten, die ohne Rettungsdienst ins Krankenhaus kommen, nicht berücksichtigt wurden.
Man mache sich die Beurteilung, so Gerlach, nicht leicht und es werde nicht nach Gutdünken gehandelt. Experten in den Fachabteilungen prüften alle Fakten und Vorgaben, aber man wolle den Bürgerinnen und Bürgern keinen „Sand in die Augen streuen“, denn man müsse sich der Realität stellen. Sie stelle sich hinter die Entscheidung der Kreistage bzgl. Mainburg. Deutlich wurde aus dem Gespräch auch, dass die Entscheidungshoheit über evtl. weiteren Leistungsrückbau grundsätzlich beim Träger vor Ort liegt. Laut Gerlach werde man einschreiten, wenn der Sicherstellungsauftrag durch den Träger bzw. die Landkreise nicht mehr erfüllt wird. Wann dies der Fall wäre, blieb unklar.
Annette Setzensack wandte ein, dass sich durch den Regierungswechsel die Vorzeichen geändert hätten. Sie verwies auch auf das Versprechen von Alexander Dobrindt, in einer neuen Regierung einen Rettungsschirm für ländliche Krankenhäuser zu schaffen und auf die Verpflichtung der Landesregierung zur Krankenhausplanung. Die BI-Sprecherin fragte die Ministerin, was sie bzw. die Regierung denn politisch wolle. Man werde in der Hallertau in einen Versorgungsstandard von vor ca. 30 bis 40 Jahren und früher zurückfallen. In der Realität werden viele Häuser die Strukturvorgaben nicht erfüllen können, weil es schlicht nicht so viele Ärzte mit den geforderten Qualifikationen gebe, weshalb Änderungen am Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) kommen werden müssen.
Gerlach stellte klar, dass egal unter welcher Regierung, die Strukturvorgaben nicht so herabgesetzt werden, dass Mainburg sie erfüllen könnte. Das System insgesamt sei zu teuer, das zur Verfügung stehende Geld werde nicht mehr.
Damit wollte sich Annette Setzensack nicht zufriedengeben und konterte, dass unserer Meinung nach bewährte Einrichtungen und wertvolle Strukturen vor Ort nicht in diesem Tempo zerstört werden dürfen, da man diese nicht wieder aufbauen wird. In der Notfallversorgung halte Mainburg zudem mit der Behandlung der Masse an kleineren und mittleren Notfällen den umliegenden größeren Kliniken den Rücken frei.
Natürlich wurde von uns auch das Thema „Sicherstellungszuschlag“ für das Mainburger Krankenhaus in diesen Austausch mitgenommen. Laut Herwig Heide erfülle Mainburg die Voraussetzungen nicht, es könne auch nicht davon abgewichen werden. Auch eine zeitlich befristete Ausnahmeregelung für bestimmte Leistungsgruppen sei deshalb nicht möglich. Lediglich mit der Zuweisung „Spezialversorger“ könne man aktuell von Regierungsseite unterstützen, um das Krankenhaus von Abschlägen für Behandlungen zu befreien. Hierzu sind wir anderer Meinung und sehen weiteren Diskussionsbedarf.
Engehausen verwies auf die klaren Leitplanken der Krankenhausreform und die bestehende Terminschiene. Er äußerte die Befürchtung, dass weiteres Warten die Situation verschlechtere, weil dies zu Unsicherheit und Personalverlust führen würde. Eine evtl. mögliche, zeitlich befristete Ausnahmeregelung hielt er nicht für zielführend.
Der Gesetzgeber habe es versäumt, die Inhalte einer sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen (SVE) zu definieren, laut Engehausen ein Dilemma. Nun verhandeln dies die Krankenhausgesellschaft und die Krankenkassen. Dies sieht die Initiative kritisch, da dies bedeutet, dass der Gesetzgeber die Ausgestaltung der SVE dem freien Spiel der Interessensträger überlässt. Engehausen versprach, alles dafür zu tun, die Mainburger Belange bei der inhaltlichen Ausgestaltung der künftigen stationär-ambulanten integrierten Versorgungseinrichtung in der Umsetzung zu berücksichtigen, in der Form, dass sie auch wirtschaftlich tragbar sind.
Dr. Bayeff-Filloff merkte an, man dürfe nicht unterschätzen, was mit der zukünftigen Notfallreform mit den integrierten Notfallzentren möglich sein werde. Personal im Bereich Rettungswesen sei seiner Erfahrung nach leichter zu akquirieren. Was allerdings für ihn mit Inkrafttreten der Strukturvorgaben auch nicht mehr möglich sein werde, ist die wirklich High-End-Versorgung in der Fläche, wie den Linksherzkatheter, diesen werde es dort nicht mehr überall geben. Ansonsten müsse man das Krankenhaus auf eine höhere Versorgungsstufe heben, da die Basisnotfallversorgung künftig keinen Herzkatheter mehr vorsehe.
Beatrix Sebald gab den Anwesenden zu bedenken, dass man verstehen müsse, was die Bürgerinnen und Bürger in der Region konkret verängstigt und umtreibt, wofür Judith Gerlach auch Verständnis zeigte. Es gehe aber hier nur um den Herzkatheter, und nicht um andere komplexe Notfallereignisse, so Gerlach, dies sollten die Aktiven vor Ort auch deutlich machen. Sie wolle das Signal geben, dass die Leute vor Ort auch in der neuen Struktur gut versorgt würden. Dass es in Mainburg überhaupt kein Krankenhaus mehr gebe, könne laut Frau Gerlach nicht sein, aber es werde sich in der Struktur etwas verändern müssen.
Fazit und Ausblick
Deutlich wurde in dem Gespräch eine gewisse Widersprüchlichkeit in der Argumentation von Seiten des Ministeriums. Einerseits wurde argumentiert, es ginge nicht um Kosten, sondern um das fehlende Personal bzw. die strengen Strukturvorgaben. Andererseits bestätigte die Ministerin, dass sie die Konzentration und den Strukturwandel der Krankenhäuser in Bayern auch aus Kostengründen grundsätzlich mittrage. Eine politische Lösung für die besondere Situation in Mainburg haben uns die Verantwortlichen im Ministerium nicht in Aussicht stellen können. Wir vermissen nach wie vor die steuernde Hand der Ministerin, was die überregionale Planung von Krankenhauskapazitäten betrifft. Von Regierungs- bzw. CSU-Vertretern wird immer wieder von der Rettung ländlicher Krankenhäuser in Bayern gesprochen, was im vergangenen Bundestagswahlkampf auch stark betont wurde. Wir fragen uns, welche Krankenhäuser denn dabei gemeint sind, wenn man für so offensichtliche Härtefälle wie Mainburg auch auf Bundesebene nicht dergestalt eintreten will, dass sie als vollwertige Allgemeinkrankenhäuser weiter existieren können.
In der kurzen Zeit konnte nicht alles ausdiskutiert werden, einige drängende Fragen wurden nicht befriedigend beantwortet, und natürlich sind wir mit dem politischen Offenbarungseid der Staatsregierung, unserem Krankenhaus im mehr oder weniger unveränderten Fortbestand als Grundversorger nicht helfen zu können bzw. auch zu wollen, alles andere als zufrieden. Trotzdem danken wir für die Möglichkeit zu einem sachlichen Austausch, den wir schätzen und seit jeher anstreben. Es herrschte Einverständnis, dass es nicht der letzte Austausch bleiben soll.
Unbedingt verhindert werden muss der weitere Abbau der Leistungen in Mainburg. Diese Verantwortung sieht die Initiative sowohl bei der bayerischen Gesundheitsministerin als auch bei den zuständigen Kreispolitikern, die den breit angelegten Versorgungsauftrag und die bedarfsgerechte notfallmedizinischen Versorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger sicherstellen müssen. Die Vertreter der Initiative machten deutlich, dass man dranbleiben und der Druck aus der Bürgerschaft wohl ebenfalls nicht nachlassen wird.