Als ein farbenfrohes Fest für alle Sinne kann Sylvester Levays neues Musical „Crest of the Royal Family“ bezeichnet werden, das vergangenes Wochenende im Kaiserlichen Theater in Tokio eine glanzvolle Doppelpremiere feierte. „Ouke no Monshou“, so der Orginaltitel, erzählt ein Liebes- und Fantasy-Abenteuer nach der erfolgreichen gleichnamigen Manga-Serie. Unter den Gästen der Wiederaufnahme des jüngsten Werks aus der Feder des Wahl-Hallertauers Sylvester Levay war der Mainburger Kulturreferent Bernd Friebe, der seine Eindrücke für uns zusammenfasste.

Sylvester Levay begeistert Asiaten

2017 wird in die japanischen Musical-Geschichte als das Jahr des Komponisten Sylvester Levays eingehen. Vier Produktionen mit den Melodien des bodenständigen Hallertauers werden dieses Jahr im Land der aufgehenden Sonne zur Aufführung kommen. Neben „Ouke no Monshou“ kommen die beiden Erfolgs-Musicals „Elisabeth“ und „Mozart“ zur Wieder-Aufführung und ab Oktober mit der Weltpremiere von „Lady Bess“ eine weitere Neuproduktion.

Anstoßen nach der Premiere in Tokio. Komponist Sylvester Levay (Mitte) stößt mit den Autoren-Geschwistern Hosokawa auf die erfolgreiche Premiere mit einem Ashai-Superdry Bierchen aus Mainburgs Partnerstadt Moriya an. Mit auf dem Bild von links Monika Levay mit Darstellern, Tochter und Regieassistenz Alice Levay (3.v.l.) und Berichterstatter Bernd Friebe (2.v.r.).

 

Doch nicht nur in der Hauptstadt Tokio sind die Melodien Levays bei den japanischen Fans seit jetzt über 20 Jahren populär. In Osaka, Nagoya und Fukuoka stehen die Musicals des gebürtigen Ungars, der seit über dreissig Jahren in Volkenschwand lebt, regelmäßig auf dem Spielplan. Damit ist Levay die unbestrittene Nummer 1 in der Musical-Szene Asiens – kommen seine Kompositionen doch auch gleichzeitig in Korea und China zur Aufführung. Das Publikum in Fernost liebt seine Musical-Klassiker „Mozart“, „Elisabeth“ und „Rebecca“, die – in die jeweiligen Landessprachen – übersetzt, inzwischen über 15 Millionen Besucher weltweit zählen.

Manga-Serie als Musical

Doch jetzt zur Story von „Das Wappen der königlichen Familie“, so der deutsche Titel der japanischen Manga-Serie „Ouke no Monshou“. Im Mittelpunkt steht die junge, blonde und großäugige Amerikanerin Carol, die in Kairo Archäologie studiert und sich durch einen Fluch der Isis plötzlich im alten Pharaonenreich vor 4 000 Jahren wiederfindet. Eine wunderbare literarische Idee um ein nicht enden wollendes modernes Märchen um Liebe, Eifersucht, allerlei Gefahren und die dramatische Rettung aus denselben, zu entwickeln.

© 2017 Toho Co., Ltd. Theatrical Division

Carol erwacht am Ufer des Nils, wird von einfachen Bauern aufgenommen, die ihr raten, ihr auffälliges Aussehen zu verbergen. Trotzdem fällt sie dem jungen Pharao Memphis ins Auge, der sie an seinen Hof holt. Jetzt gerät die junge Frau in die Kabalen der Hofintrige, denn Memphis ist auf Freiersfüßen und soll aus Gründen der Staatsraison, mehr aber noch aus Machtkalkül die hethitische Prinzessin Mitamun heiraten. Dies aber will Isis, die Halbschwester des Pharao, verhindern, da sie ihren Bruder liebt und sich selbst als künftige Herrscherin sieht. Nach dem mysteriösen Tod der Prinzessin wählt Memphis allerdings die blonde Carolin als seine künftige Ehefrau. Ismir, der Herrscher der Hethiter, lässt aus Rache für seine ermordete Schwester nun Carol entführen und verliebt sich ebenfalls in die rätselhafte blonde Schönheit.

Memphis will Carol durch einen Kriegszug befreien. Die Choreographie dieser Szene, ein Kampf und Tanz der Schwerter der zwei königlichen Rivalen und ihrer Soldaten gerät zu einem Höhepunkt der Inszenierung. Das es doch noch zu einem Happy-End für Carol und Memphis und einem prächtigen Finale kommt, überrascht wohl nicht.

© 2017 Toho Co., Ltd. Theatrical Division

Japanisches Kult-Manga mit 40-jähriger Geschichte

Die Geschwister Chieko und Fumin Hosokawa brachten als Autorinnen und gleichzeitig Zeichnerinnen ihre erste Geschichte im Jahre 1976 heraus. Für das Musical dienten die vier ersten Bände als Vorlage, inzwischen sind über 40 weitere als Fortsetzungen in Millionen-Auflage erschienen. In Japan ist „Ouke no Monshou“ vor allem bei jungen und weiblichen Fans Kult, wurde aber bisher weder fürs Kino oder Fernsehen adaptiert und ist deshalb international noch unbekannt, was sich jetzt wohl bald ändern wird.

Die Erfinderinnen der Manga-Serie: die Geschwister Chieko und Fumin Hosokawa (links sitzend).

So fremdartig einem manchmal der japanische Erzählstil sowie dessen Dramaturgie und schillernde Mangawelt erscheinen, die fein und stimmig zu jeder Szene eigens komponierte Musik lässt fernöstliche und europäische Kulturen im wahrsten Sinne harmonisch zueinander finden. So wie die Japaner die historischen europäischen Themen mit der Musik Levays lieben und verstehen gelernt haben, so schafft es der Komponist, uns Europäer für diese fremde und unbekannte Comic-Welt zu begeistern. Die einzelnen Songs sind genau auf die handelnden Figuren und ihre Gefühle abgestimmt – ob musikalisch „großes Kino“ beim Finale oder stille Balladen, rockige, poppige und romantische Nummern – Levay schafft mit seiner Musik einen einzigartigen Spagat über alle Kulturen und musikalischen Grenzen hinweg. Höchste Qualität auch in der Orchestrierung des 27 köpfigen Live-Ensembles, das, wie bei jeder Levay-Produktion, vom Komponisten immer persönlich bei den Proben musikalisch geführt wurde.

Ebenfalls immer mit dabei ist die Tochter des Komponisten Alice Levay. Sie betreut intensive die Arbeiten im Vorfeld der Produktion als Regieassistenz, wirkt bei der Auswahl der Künstler mit und kümmert sich um Lizenz- und Urheberrechtsfragen.

Gesanglich und darstellerisch sind die vier Hauptrollen hervorzuheben: Kenji Urai als Memphis, Mugumi Hamada als Isis, sowie die Doppelbestzungen Saiko Niizuma und Sae Miyazawa als Carol und Mamoru Mijano und Genki Hirakata als Ismir – womit jetzt auch die Frage nach der Doppelpremiere vergangenes Wochende beantwortet werden sollte. Bei den Produktionen der Toho-Bühnen bekommen auch die Zweitbesetzungen ihre jeweils eigene Premiere, dies ist besonders den begeisterten Fans der Musical-Stars geschuldet.

Text: Bernd Friebe