Eine Kolumne von Bench aka. Benjamin Bauer.

 

Ich stelle mich nicht vor. Außerdem bleibe ich stur und werde nicht versuchen, Rücksicht zu nehmen. Wilde und bittere Themenwechsel gehören zu meinen Ticks! Bitte nicht beleidigt oder traurig sein. Und wenn ihr schon dabei seid, könnt ihr das Lachen eigentlich auch gleich bleiben lassen! Kommen wir zum sich temporär ergebenden Thema: Spiele.

Man könnte unser (semi-)zivilisiertes Dasein im übertragenen Sinne durchaus als Spiel darstellen. Ein Spiel, das sich dehnt wie ein Kaugummi, von reich bis arm und von Heuchelei bis Mobbing oder wiederum beginnend vom Verlust der Werte, bis hin zur vollständigen und düsteren Devolution. Und da dieser Kaugummi immer noch nicht ausreicht, gibt es darüber hinaus noch mehr beschränkte Menschen, die sich im Anschluss auch noch die Silberfolie rein schieben und darauf herum kauen, weil sie den Hals halt einfach mal wieder nicht voll genug kriegen können. Sei es drum, Kaugummis gehören eh nicht auf ein Spielbrett!

Vielleicht handelt es sich aber gar nicht um ein Brettspiel, sondern um ein Online- oder Kartenspiel?

Bedenkzeit vorbei, wir einigen uns auf meine Antwort: Es ist natürlich ein Gesellschaftsspiel.

Stellen wir uns also vor, unser Leben ist das „Spiel des Lebens“. Welchen Einsatz, oder besser formuliert, welchen Preis wärt ihr bereit zu bezahlen, um euch auf dem Startfeld platzieren zu dürfen? Sind es Zahlen, oder sind es Werte? Und was, wenn noch (rein hypothetisch und bezugsfrei gesehen) die Hintergrundinfo im Raum steht, dass ihr verloren habt, bevor ihr euren ersten Zug ausführen könnt?

Diese Fragen sollte sich unsere Gesellschaft einmal, vielmal und öfters noch stellen! Während ein Großteil meiner Umwelt 24 Stunden am Tag damit beschäftigt ist, unter Ausschluss sämtlicher Wahrnehmung seines Umfeldes Fingerabdruck-Klone auf 5-7“ Displays zu produzieren, bekriegt sich der Rest der gedimmten Leuchten im Prestige-PingPong mit mühevoll angeeigneten Superdeppenfähigkeiten wie Gier, Materialismus und Größenwahn.

Hab ich jetzt einen wunden Punkt getroffen? Wie,  ihr wollt nichts von all dem wissen? Ja, ich weiß, ich kann jetzt hier keinen auf Moralapostel machen, schließlich hatte ich damals auch den täglich erscheinenden Ausredenkatalog abonniert…

Querverweis auf die Neuzeit, de facto das Jahrhundert der Universalausreden. Wenn es nicht gerade ein verstopfter Handelskanal zu Wasser ist, dann ist es ein Parasit mit Metamorphosefetisch (Seid mir nicht böse, aber dies war in meinen Augen die einzige Umschreibung, um nicht das Wort mit dem dritten Buchstaben des Alphabets verwenden zu müssen!).  Ausreden, die sich ernähren von Paradoxen, welche sich in einfachen Praxisbeispielen darstellen lassen. Aber nur ein Paradoxon pro Folge! Sonst muss ich hier noch Druckkosten bezahlen.

Nehmen wir als Exempel die zeitlosen TV- und Internetkampagnen bezüglich Zivilcourage. Die Headline heißt unverkennbar und ausdrücklich: „Schau nicht weg!“

Ja, wie denn auch? Es hängen doch eh alle nur noch wie Dreikomponentenkleber an ihren Smartphones fest und ganz ehrlich, ich wäre sogar sichtlich gerührt, wenn denn nun mal endlich jemand auf die Idee kommen würde, woanders hin zu starren, als immer nur auf die digitale eierlegende Wollmilchsau. Paradox eben.

In meinem nicht so ganz alltäglichen Alltagsleben stelle ich Dinge fest, die mich (schon lange nicht mehr) schockieren. Wo fangen wir an?

„Mein tägliches Brot“, wenn man so will, backt der Brotbackautomat. Dieser Automat ist ein Apparat. Ein Generator. Er generiert täglich Konsumgüter und Dienstleistungen, die eine tendenziell immer stärkere  Abhängigkeit zur digitalen Revolution ermöglicht und dessen Reiz ihr euch womöglich nicht entziehen könnt.

Moment, bevor ihr mich verurteilt: Ich gehöre zu den Guten!

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Und ich bin nicht der Kerl, der sich mit der Machete durch den Mobilfunkdschungel kämpft, um seine Beute qualvoll zu erlegen. Denn nichts (abgesehen von uns selbst und unserem viel zu freizügigen Online-Auftritt) ist weniger transparent, als das, was wir gerade durchleben. Hinter jedem Klick lauern Gefahren. Wer jetzt die Augen verdreht, sollte jetzt zum Horoskop weiter blättern, das wäre wesentlich vakanter. Alle anderen, die sich einen der bisher genannten potentiellen Defizite eingestehen, dürfen dem Zeilenverlauf weiterhin folgen und erhalten zum Schluss… nichts! Genau und optimal! Keine Abzocken an Haustüren, keine hohen Rechnungen von Drittanbietern und keine utopischen Summen von  überflüssigen Produkten, die man sich sowieso nicht leisten möchte.

Letztendlich ist und bleibt es  die Gier, die alles Echte surreal wirken lässt. Mit Tunnelblick und tropfendem Sabber ist man der Meinung ein edler Pionier zu sein, indem man innovative Gadgets vor [Hier bitte den Namen des Kontrahenten Ihrer Wahl einsetzen] besitzt! Ist das der Werdegang, den die Schöpfung vorhersieht?

Dem ist noch hinzu zu fügen, dass man sich für gewöhnlich grundlegend mit dem Gedanken auseinander setzen sollte, ob es wirklich sinnvoll und vor allem -sinnvoll- ist, dass man seinen Eltern und Großeltern diese Art von „Bereicherung“ zumuten möchte.

Ja okay, schenken ist gut, aber meiner Erfahrung nach ist es ein schmaler Grat zwischen „Schenken-und-auf-die-Bedürfnisse-meiner-Liebsten-eingehen“ und dem „Laut-GfK-das-trendigste-Weihnachtsgeschenk-für-einfallslose-und-unkreative-Menschen-wie-mich-ohne-Mühe-finden-Dingens“. Also hinterfragt doch bitte, ob ihr eure Nahestehenden lieber als native und authentische Menschen bei Kaffee und Kuchen vorfinden, oder sie zukünftig einfach nur als IP-Adresse behandeln möchtet.

Deswegen habe ich dieser menschlichen Kategorie liebevoll den Namen IP-Zombies verpasst. Tippende Hirntote, die mit Hilfe von Emojis und hochgradig überflüssiger Voicemails in der Brennsuppe im Sautrog  psychedelisches Wildwasserrafting betreiben.

Und wehe, die Wetter-App synchronisiert sich auf dem neuen 1500 Euro Smartphone nicht präzise genug im Nanosekundentakt, dann Gnade dir Schrott!

Also nehmen wir zum Beispiel das Endzeitszenario vieler Nomophoben: Man stellt fest, dass auf dem neuen superschicken, im besten Fall unversicherten und über 72 Monate finanzierten Smartphone der Spielstand des Lieblingsgames fehlt. Man hat natürlich hart an dem Highscore gearbeitet hat, ja sogar seine komplette (Arbeits-)Zeit investiert und scheinbar einen Großteil seiner Lebensqualität geopfert dafür, buhuuu! Der Supergau kommt allerdings erst dann final zu Stande, wenn man Identitäten mit den dazugehörigen Passwörtern erstellt und diese nicht mehr rekonstruieren kann. Geschweige denn, sich überhaupt daran erinnern zu können, eine Identität erstellt zu haben. Ich kann nur jubeln und mich für meine Mitmenschen freuen, dass die Cyberkriminellen bisher nur einen Bruchteil umgesetzt hat, von dem was potentiell möglich ist. Natürlich kann ich auch von Opfern und Defiziten erzählen.

Denn macht sich dann erst einmal Verzweiflung breit, wenn man dem Schindludertum zum Opfer gefallen ist, steigt die  Wahrscheinlichkeit, komplett konfus und verzweifelt vor mir zu stehen, um mich um Rat zu bitten.  Hey, dafür bin ich da. Aber tut mir halt bitte den Gefallen, die ganze digitale Revolution nicht als Spaziergang durch den Park, einen Ponyhof oder als Kinderhüpfburg zu betrachten, dann klappt´s auch mit der Smartphone-RestOfLife-Balance!

 

Und immer schön vor Augen halten: Finde DEINE Wahrheit und hör verdammt nochmal nicht auf, auf deine Intuition zu hören!

Euer Bench